Der 1. Simmeringer SC wurde 1901 von 20 jungen Burschen, die wie hunderte andere auf der Simmeringer Heide einem ‚Fetzenlaberl‘ nachjagten, gegründet. Der Cafetier Syrowatka stellte sich den meist Minderjährigen als Obmann zur Verfügung.
Die Anfänge
Anfangs spielte man gegen ‚Venecia‘ und ‚Währing‘, gegen den ‚Verein jugendlicher Arbeiter‘ und sogar gegen die ‚Cricketer‘, doch bald folgten auch Reisen nach Ungarn oder Böhmen. Erst nach einigen Jahren traute man sich, gegen stärkere Gegner anzutreten – und Erfolge blieben nicht aus. Im Jahr 1907 eröffneten die Simmeringer einen eingeplankten Sportplatz in der Rinnböckstraße und konnten nun bei ihren Spielen auch Eintritt verlangen. Im Herbst 1910 wurde den Schwarz-Roten schließlich die Erstklassigkeit zuerkannt. Im Herbst 1911 begann die erste „Meisterschaft von Niederösterreich“. Rapid wurde Meister, doch gegen Simmering, das im Herbst 5:2 und im Frühjahr in Hütteldorf mit 4:3 gewann, konnten sie nicht gewinnen. Im ersten Meisterschaftsbewerb werden die Simmeringer Fünfter und auch in den Folgejahren belegen sie Mittelfeldplätze vor allem aber bleiben sie eines: der Angstgegner Rapids. Im letzten Meisterschaftsspiel der Saison 1913/14 hätte Rapid ein Remis zum Meistertitel genügt, doch eine 1:2-Niederlage gegen Simmering verhilft dem WAF zum einzigen Titelgewinn, der sich mit einer goldenen Uhr für jeden Simmeringer revanchiert. Die Jahre des ersten Weltkriegs sind keine gute Zeit für Simmering: Während andere Vereine ihre Beziehungen spielen lassen, wissen die Simmeringer oft nicht, wo sie elf gesunde Leute finden sollen. Nur die Sistierung des Abstiegs verhindert, daß sie in die zweite Liga abrutschen. Nach dem Krieg dauerte es mehrere Jahre, bis eine neue Mannschaft geformt werden konnte, doch die Simmeringer Heide erwies sich als enormes Talentereservoir. Eines blieb Simmering allerdings auch jenen Jahren, nämlich der schärftste Gegner Rapids. Nach einem 5:4-Sieg im Herbst 1924 schrieb das ‚Tagblatt‘: „Die Simmeringer haben sich nun einmal daran gewöhnt, Rapid zu schlagen“.
Die ‚Goldenen Zwanziger‘ Simmerings
Als um 1920 der Fußball in Wien zum Massensport wurde und die Sportplätze bald zu klein waren, wagten sich die Simmeringer an den Bau eines neuen großen Stadions für etwa 50.000 Besucher. Sie bauten auf die Verbandszusage, in Zukunft alle Länderspiele in Simmering auszutragen. Im Mai 1920 wurde das Stadion in der Leberstraße mit einem 1:0-Sieg gegen die Amateure eröffnet, im September gab es einen 3:2-Sieg im Ländermatch gegen Deutschland, wobei der Simmeringer Ferdl Swatosch alle drei Tore erzielte. Doch dann wurde die Hohe Warte fertiggestellt, die doppelt so viele Zuschauer faßte, verkehrsgünstiger gelegen war und eine gedeckte Tribüne besaß. Der Simmeringer Platz war also für Länderspiele zu klein, für die Meisterschaft zu groß und seine Erhaltung überstieg das Vereinsbudget bei weitem. Zu Beginn der zwanziger Jahre befand sich Simmering stets im unteren Tabellendrittel, doch die Talentesucher des Vereins fanden auf der Simmeringer Heide etliche talentierte Spieler, die technisch wie konditionell bereits bestens vorbereitet waren. So gelang es binnen weniger Jahre, aus Simmering ein Spitzenteam zu formen. Am Ende jeder Saison wurden einige gute Spieler verkauft und durch junge Kräfte ersetzt, so kam man finanziell vorerst über die Runden. Mit Einsatz und Kampfgeist machten die Simmeringer die technische Überlegenheit der meisten anderen Vereine wett. Und wenn die Zeitungen das Kurzpaßspiel der Amateure oder der Hakoah lobten, mußten sie oft zugeben, daß sich das kraftvolle Spiel mit den weiten Passes, das Schießen aus jeder Lage und das Kämpfen um jeden Ball doch oft durchsetzte. Als 1924 der Professionalismus eingeführt wurde, konnten die Großklubs nun legal ihre teuren Stars kaufen und bezahlen. 70 Millionen Kronen betrug das Monatsbudget der Austria, während Simmering nur ein Viertel dieser Summe zur Verfügung hatte. 10 Millionen verdienten ein Bela Guttmann oder ‚Spezi‘ Schaffer, während die Simmeringer Stars wie Horvath oder Aigner etwa eine Million bekamen. Dennoch waren es die Simmeringer, die speziell in der Saison 1925/26 für Furore sorgten: Mit dem dritten Tabellenplatz erreichte man die beste Placierung der Vereinsgeschichte. Die Stürmerreihe Viertel – Danis – Zillbauer – Horvath – Sesta erzielte 53 Tore. Gefürchtet waren allerdings auch die Verteidiger Ehrlich, Szoldatics oder Kurz, die den gegnerischen Stürmern oft die Schneid abkauften. Ein Vorstadtklub wie Simmering hatte keine potenten Geldgeber, daher nutzte man jede Gelegenheit, um durch Auslandsreisen die Kassa aufzufüllen: In der Sommer- und Winterpause, aber auch zu Ostern, Pfingsten und an jedem spielfreien Wochenende waren die Simmeringer unterwegs. Nach Schweden und Lettland, nach Frankreich und Polen führten die Tourneen der Simmeringer. Die Einahmen reichten mit Mühe zu einer ausgeglichenen Bilanz, doch kehrte man meist mit etlichen Siegen im Reisegepäck nach Hause. Und die Simmeringer Spieler waren nicht nur daheim, sondern auch im Ausland bald berühmter als manche österreichische Politiker oder Schauspieler.
Krisenjahre
Der Erste Simmeringer Sportklub zählte Mitte der zwanziger Jahre zu den besten österreichischen Fußballklubs, trotzdem sorgte die finanzielle Situation für große Probleme. Man war mit der Bezahlung der Steuer ebenso im Rückstand wie mit den Spielergehältern, dazu kamen noch die Kosten für die Erhaltung des viel zu großen Sportplatzes: Im Frühjahr 1927 verlautbarten die Medien, daß Simmering – wie etliche andere Vorstadtvereine auch – die Kosten des Profibetriebes nicht mehr aufbringen konnte. Doch die Spieler verzichteten auf einen Gutteil ihrer Prämien und der Vorstand half gratis bei der Sanierung des Platzes mit, sodaß am Ende der Saison 1926/27 der sechste Rang erreicht werden konnte. Die Auflösung des Vereins konnte im letzten Moment abgewendet werden, die Schulden wurden durch den Verkauf Hansi Horvaths etwas gemindert. Obwohl der Großteil der Spieler auch in der folgenden Saison beim Klub blieben, hatten die ständigen Kontroversen zu viel Substanz gekostet. Als Tabellenletzter stieg Simmering 1928 in die zweite Liga ab und der Ausverkauf war nicht mehr aufzuhalten. Mit einem jungen Team konnte man sich die nächsten Jahre gerade in der zweiten Liga halten, und auch das Publikum blieb zunehmend fern. Dazu ging 1931 auch noch der legendäre Platz verloren. Erst 1935 hatte man die Schulden fast abgebaut und orientierte sich wieder nach oben. Man baute auf die Hilfe der alten Simmeringer Stars: Horvath und Danis, Dumser, Szoldatics und Cart kehrten zu ihrem Stammverein zurück.
NS-Ära und Wiederaufstieg
Nach genau 10 Jahren war Simmering im Jahr 1937 wieder in die oberste Liga zurückgekehrt, doch die alternden Stars waren für die oberste Klasse zu schwach. Inzwischen hatte der Nationalsozialismus im neuen Gau, der ‚Ostmark‘, anfangs mit großer Zustimmung in der Bevölkerung, die Herrschaft übernommen. Auch im Fußballsport war vieles verändert worden: Der Jugendsport war den Vereinen entzogen und der HJ unterstellt worden, der Professionalismus wurde abgeschafft, die internationalen Kontakte waren auf Spiele gegen das Altreich beschränkt worden. Die Vereine holten sich freiwillig hohe Partei- oder SS-Funktionäre in den Vorstand und erreichten im Gegenzug etliche Vergünstigungen. Einige Klubs wie Vienna oder Rapid konnten darauf große Vorteile schlagen und lagen dann auch in der Meisterschaft ganz vorne. Simmering erfreute sich dagegen keiner besonderen Beliebtheit beim Regime und so spielte der Klub selbst in der zweiten Liga keine große Rolle. Mit Kriegsbeginn wurde es immer schwerer, noch 11 gesunde Spieler zusammenzubringen, und im August 1942 mußte Simmering den Spielbetrieb gänzlich einstellen. Im Sommer 1945 starteten die Simmeringer völlig neu. ‚Pepi‘ Argauer hatte als Sektionsleiter den Neuaufbau in die Wege geleitet, und anfangs setzte es zweistellige Niederlagen, ehe sich der Kern eines neuen Teams aus einigen alten und vielen jungen Spielern zusammenfand. Kampf war das Markenzeichen der Simmeringer Mannschaft auch nach 1945. Simmering war anfangs freilich nur ein Verein unter vielen, der durch unbändigen Einsatz versuchten, nach oben zu kommen. Kampfeslustig waren allerdings nicht nur die Spieler, sondern auch die Fans: Die „Wanko-Gstätten“ am St. Marxer Friedhof war bei den gegnerischen Aktiven und Anhängern, aber auch bei den Schiedsrichtern gefürchtet, von denen nicht nur einer den Platz mit ein paar Zähnen weniger verließ. 1949 schaffte Simmering den Einzug in die erstmals landesweit ausgespielte Staatsliga B. Im Frühjahr wurde der Mitfavorit GAK mit 2:0 besiegt und ein heroischer Kampf bei den damals berüchtigten Hohenauern sicherte Simmering den Titel. Ein ausgefeiltes Teamwork und ein prächtiger Mannschaftsgeist waren die Grundlage des Meisterschaftssieges. Vor allem aber war die Einführung der ‚brasilianischen‘ Spielweise ein großer Gewinn. Binnen kurzem wurden Spieler wie Behounek, die Brüder Gauglica, Wimmer, Wallner, Neumer oder Wildner ein Begriff im österreichischen Fußball. 150 Schilling Fixum und 300 Schilling Siegesprämie konnten die Simmeringer bei 20.000 Schilling Monatsbudget ihren Spielern zahlen. Das war wenig im Vergleich mit anderen Staatsligaklubs, aber Simmering hatte zwei Pluspunkte: Der eine hieß Josef Argauer mit seinem Gespür für Talente; der andere hieß Hans Hofstätter, der aus diesen Talenten eine Einheit formte und sie kämpferisch und konditionell in Topform brachte. In Auswärtsspielen war für die Rot-Schwarzen oft wenig zu holen, doch daheim wurden sie von jedem Gegner gefürchtet. Die ‚Had‘ wurde wiederum zum Synonym für bedingungslosen Einsatz bis zur letzten Minute.
„Aus der Staatsliga nicht wegzudenken“
Insgesamt 13 Jahre, von 1951 bis 1964, gehörte Simmering ohne Unterbrechung der Staatsliga an und zählte somit zu den besten Fußballklubs des Landes. Diese Serie war der größten Erfolg in der Klubgeschichte. Nicht nur, daß man mit dem Abstieg nie etwas zu tun hatte, belegte Simmering dreimal den sechsten und 56/57 sogar den fünften Rang. Natürlich hatten die Simmeringer auch ein paar Geheimnisse, eines davon war das Prämiensystem: Gab es für Siege gegen Spitzenteams nur die minimale Siegprämie, wurde für Erfolge gegen Mannschaften, die in der Tabelle hinter den Rot-Schwarzen rangierten, Extraprämien bezahlt. Daß Heimsiege auch gegen Rapid und Austria keine Seltenheit waren, belegt eine Kritik aus dem Sportfunk des Jahres 1955: Da hieß es, Simmering sei ein Riesentöter von Format, der aus dem österreichischen Oberhaus einfach nicht mehr wegzudenken sei. Am Anfang und am Ende der großen Simmeringer Serie standen zwei besondere Spiele: Im Herbst 1952 gelang mit einem 2:0 gegen Rapid der, laut Argauer, „größte Erfolg der Nachkriegsgeschichte“. Trotz des Fehlens von Goalgetter Wallner spielten die Simmeringer auf dem gefrorenen Boden ihren prominenten Gegner schwindlig. Rapids Hintermannschaft, die damals immerhin aus Happel, Merkel und Gernhardt bestand, hatte gegen die leichtfüßigen Simmeringer keine Chance, sodaß diese das Spiel nach Belieben gestalteten. Und 5000 Zuschauer bejubelten in Simmering die Auferstehung einer alten Tradition. Am Schluß der Erfolgsserie, im Sommer 1960, durfte Simmering sogar im Mitropacup antreten, der in diesem Jahr als Länderwertung ausgespielt wurde. Für die Simmeringer fiel dabei der schwersten Gegner ab, nämlich der ungarische Spitzenklub Ferencvaros mit seinen Stars Albert, Fenyvesi und Kocsis. Ferencvaros hatte seit 5 Jahren keine Heimniederlage mehr hinnehmen müssen, doch Simmering gewann durch Tore von Ninaus und Neubauer mit 2:1. Und auch wenn das Rückspiel mit 1:5 verloren wurde, jubelten 12.000 Zuschauer ihrer Elf zu. Im Sommer 1961 kündigte sich das Ende der großen Simmeringer Ära an: Über Jahre hinweg hatte man am Saisonende die besten Spieler verkaufen müssen, um finanziell über die Runden zu kommen und ein solcher Aderlaß war auf Dauer nicht zu verkraften. Dann verließen auch noch Argauer und Hofstätter den Klub und Präsident Riedl, den viele den ‚Treuesten unter den Treuen‘ nannten, mußte aus gesundheitlichen Gründen die Geschäftsführung zurücklegen. Das waren freilich nicht die einzigen Gründe für den Abstieg der Simmeringer. Verantwortlich war vor allem die Ökonomisierung des Fußballsportes und das Aufkommen der Bundesländervereine. Nach dem FC Wien und dem FAC drohte mit Simmering der nächste Wiener Klub zu verschwinden. Im Jahr 1963 schaffte man gerade noch den Klassenerhalt, doch in der folgenden Saison folgte der Abstieg in die Regionalliga. Gerade damals machte sich der legendäre Kampfgeist der Simmeringer bemerkbar – man wollte sich mit dieser Situation nicht abfinden. Für die folgenden 10 Jahre wurden die Simmeringer zum ‚Paternoster-Klub‘: Jedem Abstieg in die Ostliga folgte ein Wiederaufstieg, dort erwies man sich als zu schwach und es folgte wieder der Abstieg. Jede Rückkehr in die Regionalliga war mit dem Verkauf der besten Spieler verbunden: Starek und Pumm, Redl und Stachowicz, Mühlhauser und Schuster – um nur die bekanntesten zu nennen – verließen den Klub und in der Ostliga wurde wieder eine neue Mannschaft mit jungen Talenten aufgebaut. Der Nachfolger von ‚Pepi‘ Argauer als Mann mit dem Blick für die Talente war ‚Wickerl‘ Wimmer, der in Wien und Umgebung fast jeden Spieler kannte und die besten zum Verein holte. Zwar konnte die Uhrenfirma Marvin als Sponsor gewonnen werden, doch mußte der neue Vizepräsident als Einstandsgeschenk neue Tornetze mitbringen, und selbst Spieler spendeten schon einmal einen Matchball bzw. eine Garnitur Hosen oder stellten sich als Nachwuchstrainer zur Verfügung. Und so gelang das fast Unmögliche: Den Simmeringer SC immer wieder in die oberste Liga zurückzuführen.
Ein Opfer der Reform
Anfang der siebziger Jahre nahm Simmering einen neuen Anlauf: Nach langen Streitigkeiten um den alten Platz in der Leberstraße hatte man mit dem ehemaligen ASKÖ-XI-Platz an der Simmeringer Hauptstraße endlich Ersatz gefunden, mit dem Radiohaus Stohlhofer einen rührigen Sponsor. In der Saison 1972/73 hatte man nach dem Abstieg sofort die Rückkehr in die oberste Spielklasse in souveräner Manier geschafft, am Ende hatte man 9 Punkte Vorsprung auf Tulln und 19 Siegen standen nur 2 Niederlagen gegenüber. Mit viel Zuversicht und mit Rudi Flögel als Regisseur ging man in die neue Meisterschaft, die mit einem 7:1 gegen Admira-Wacker, begonnen wurde. Man schien schon aller Abstiegssorgen ledig zu sein, als Ende April die Bundesliga-Reform beschlossen und ihr Beginn mit der Saison 1974/75 festgesetzt wurde. Simmering lag zu diesem Zeitpunkt auf Platz 8 und hätte selbst bei einer Reduktion auf zehn Vereine gute Chancen auf den Klassenerhalt gehabt. Die Setzung der Klubs nach regionalen Gesichtspunkten schloß Simmering aber aus der Liga aus. Simmering wurde schließlich Elfter – und an den Folgen dieses Zwangsabstieges ging der Verein Jahre später fast zugrunde. Erst viele Jahre später erklärte der ÖFB, die benachteiligten Vereine hätten mit einer Klage die Reform zu Fall bringen können. Und Hans Reitinger bekannte: „Die gewaltsame Reduktion der Wiener Vereine bei der 74-er-Reform war ein Unrecht“. Durch die Versetzung in die 2. Division verlor Simmering fast alle Spieler und mit jeder Saison wuchs das Defizit, denn kein Klub konnte sich ein Budget von etwa 3 Millionen bei etwa 700.000 Schilling Einnahmen leisten. 1978 gestand man offiziell ein, daß der Verein Schulden hatte. Die Gagen der Spieler wurden drastisch reduziert und Simmering konnte nur mit Mühe dem Abstieg entrinnen. Im Herbst 1980 wurde der Weltkonzern Bayer als Sponsor gewonnen und die Erweiterung der Bundesliga auf 16 Klubs ließ in Simmering neue Hoffnung aufkommen. Gordon Igesund, Benon Szostakowski und Toni Polster brachten Simmering auf den fünften Platz, der den Aufstieg bedeutete. Doch es war nur mehr ein Strohfeuer: Eine katastrophale Saison wurde am letzten Platz beendet. Danach war Simmering ein Scherbenhaufen: Kein Geld, kein Sponsor und keine Spieler. Zwei Jahre hielt man sich in der 2. Division, ehe man nach einem Durchmarsch durch die Ostliga in die Wiener Liga abstieg. In die Medien kam Simmering nur mehr mit Meldungen über mögliche Fusionen oder den bevorstehenden Konkurs.
Konkurs und Neuanfang
1985 schien das Ende des I.SSC besiegelt zu sein: Kein Geld in den Kassen, Spielersstreiks und ein unzufriedenes Publikum, das den Spielen meist fernblieb. Verhandlungen mit Rapid sollten Simmering zum Satellitenklub machen, Fusionen mit Schwechat und mit Ostbahn XI standen kurz vor dem Abschluß. Im letzten Moment wurde der Weiterbestand doch noch gesichert und dank Spielertrainer Csarmann oder Stürmer Hannes Pleva gehörte man eine Zeitlang sogar zu den Spitzenteams der Wiener Liga. Doch aufgrund der Finanzprobleme konnte man bald sogar in der Wiener Liga den Klassenerhalt erst in der letzten Runde sichern. Im Dezember 1990 griff man ein Angebot der ‚Sport AG Vaduz‘ auf, die mit dem Kauf von Fußballern und deren Verleihung an Vereine Gewinne machen wollte. Bald wurde dieses Geschäft jedoch vom ÖFB verboten und nicht einmal zwei Jahre später mußte die Sport AG eingestehen, daß sie sich übernommen hatte. Jetzt war Simmering auch noch seine Spieler los und die Schulden waren weiter gewachsen. Doch abseits der Finanzprobleme wurde weiter Fußball gespielt: 1991 gewann Simmering das Hallenturnier der Wiener Liga, 1994 den Toto-Cup, und im Nachwuchs reiften mit Cestnik und Niss, Repa und Holemar große Talente heran. Routiniers wie Istvan Magyar und Pavel Strapac, Alois Dötzl und Kurt Jusits gaben der Mannschaft den nötigen Rückhalt. Doch konnte nur ein radikaler Schnitt den Weiterbestand des Vereines sichern. Im Oktober 1994 konnte Herbert Langer als neuer Präsident gewonnen werden. Mithilfe von Kassier Manfred Waidhofer, einigen Steuerberatern und Simmeringer Wirtschaftstreibenden konnte ein Zwangsausgleich abgeschlossen werden. Im Herbst 1995 war Simmering erstmals wieder schuldenfrei und die Chance für einen Neuanfang gegeben. Langsam arbeitete sich Simmering nach oben und als sich durch eine Spielgemeinschaft mit dem FavAC die Chance ergab, in die Ostliga aufzusteigen, ergriff man die Gelegenheit. Dieser Aufstieg löste in Simmering eine enorme Begeisterung aus. Über 2000 Zuschauer kamen zu den ersten Ostliga-Spielen und sahen eine beherzt kämpfende Simmeringer Elf. Die Reduktion der Zweiten Division verurteilte Simmering zwar gleich wieder zum Abstieg, aber die Begeisterung war nicht zu stoppen. Einer guten Herbstsaison folgte unter dem neuen Trainer Rudi Flögel und mithilfe von Andy Ogris ein furioses Frühjahr: In 15 Spielen erreichte man 13 Siege und 2 Remis, Thomas Weigl wurde mit 27 Toren überlegener Torschützenkönig. Mit einem Schnitt von etwa 1300 Zuschauern pro Spiel herrschte ein Publikumsandrang, um den mancher Erstdivisionär die Simmeringer beneidete. In der folgenden Ostligasaison war vom Abstieg nie die Rede, dafür machte Simmering endlich wieder einmal positive Schlagzeilen: Ein 2:1 im Cup gegen Ried lockte im folgenden Match gegen Salzburg 6000 Zuschauer auf die Had. Doch just zum hundertjährigen Jubiläum stieg Simmering, nach einem Sieg im Weihnachtsturnier des WFV, wieder in die Stadtliga ab.
Simmeringer im Nationaldreß
Schon vor dem ersten Weltkrieg stellte Simmering etliche Teamspieler: Der erste war der ‚Centrehalf‘ Emil Reichl, der 1910 in die Auswahl berufen wurde. Ihm folgten Jakob Swatosch (I), Johann Ehrlich oder Ferdinand Kürner. Doch der erste berühmte Simmeringer war Ferdinand Swatosch (II), ein torgefährlicher und technisch brillianter Mittelstürmer, dem zum absoluten Star nur der letzte Einsatzwille fehlte. Dennoch rissen sich die großen Klubs um ihn und er spielte im Krieg für Rapid, später für die Amateure, ehe er einer der ersten Legionäre in Deutschland wurde. In den zwanziger Jahren folgte dann die größte Zeit der Simmeringer: innerhalb von nur drei Jahren kamen gleich zehn Schwarz-Rote zu Teamehren und mitunter bestand die Auswahl fast zur Hälfte aus Simmeringern. Im Tor stand mit Rudi Aigner einer der mutigsten ‚Goalkeeper‘, die Österreich je besaß. Als er sich verletzte, folgte ihm mit Karl Cart neuerlich ein Simmeringer. In der Verteidigung spielte Karl Szoldatics, im Mittelfeld kamen Karl Kurz, Franz Musil und Franz Dumser zum Einsatz, als Außenstürmer Rudi Viertel und Leopold Danis. Und als Mittelstürmer brillierte Hansi Horvath, der in 46 Spielen immerhin 28 Tore für Österreich erzielte und gemeinsam mit Anton Schall und Erich Hof Dritter in der ewigen Schützenliste ist. Vergessen werden darf natürlich nicht auf den Simmeringer Beitrag zum Wunderteam: Auch wenn Karl Sesta damals schon für den WAC spielte, war und blieb er dennoch ein echtes Simmeringer Kind. Auch in den sechziger Jahren war Simmering wieder ‚Lieferant‘ für Teamspieler, man denke nur an Peter Pumm und Helmut Redl, an die Torleute Helmut Maurer und Herbert Stachowicz, an Erich Strobl und an Gustl Starek, der jahrelang sein Talent in Simmering bewies. In letzter Zeit ist die Verbindung zwischen Simmering und dem Nationalteam natürlich gesunken. Dennoch konnte man auf der Had manche große Spieler bewundern, die dort ihre Karriere ausklingen ließen und dabei tolle Spiele lieferten: Neben Andi Ogris gilt das auch für Heini Strasser und natürlich Rudi Flögel, der in Simmering seine aktive Karriere beendete und seine Trainerlaufbahn begann. Und vor allem darf man nicht vergessen, daß Simmering für zwei Spieler das Sprungbrett zur großen internationalen Laufbahn war: für Toni Polster, der – leider nur für ein halbes Jahr – in Simmering seinen Torriecher unter Beweis stellte, und für Christian Prosenik. Doch für Nachwuchs scheint gesorgt: Im Jahr 2000 wurden die Simmeringer Nachwuchsmeister der B-Liga und in der abgelaufenen Saison erreichte die U-23 den Meistertitel in der Regionalliga.